Die Zeitzeugen der dunklen Zeit des Nationalsozialismus in Asbach-Bäumenheim werden weniger. Auf dieser Seite wollen wir nach und nach Biografien und Erinnerungen von Opfern und Zeitzeugen des KZ-Außenlagers, der Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft in Asbach-Bäumenheim sammeln und der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich machen.
Aussagen von Zeitzeugen geben nicht zwingend die Meinung des Vereins wieder.
Josef Pilawski (1905-1989)
Häftling des KZ-Außenlagers Bäumenheim
Josef Pilawski wurde am 7. März 1905 als Sohn des Stanislaw Pilawski und der Stanislawa geb. Rogaszewizowna in der Kleinstadt Brzozów, im Südosten Polens am Fuße der Karpaten, geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Brzozów arbeitete er im Metallgewerbe. Von 1937 bis 1939 war er als Maschinenführer für eine Fabrik in der Kleinstadt Rzeszów tätig. Mit dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs wurde Pilawski zur polnischen Armee eingezogen, geriet jedoch nach der Kapitulation Polens im Oktober 1939 in russische Kriegsgefangenschaft. Er konnte fliehen und hielt sich in seinem Heimatdorf versteckt – bis er im Winter 1942 von den Deutschen gefangen genommen wurde. Pilawski schilderte seine Erlebnisse 1986 so: „Ich bin am 29. Februar 1942 in Polen verhaftet worden und in das KZ-Lager Auschwitz gekommen. Mein Aufenthalt war zirka 2 Jahre. Nach der Verhaftung, in Auschwitz, war ich pausenlos, Tag und Nacht verhört. Das Verhör damals war mit Folterungen, war grausam.“ Auf der gestreiften Häftlingsjacke trug er den „roten Winkel“, die ihn als „politischen Häftling“ brandmarkten. Dieser Gruppe wurden all jene zugeteilt, die den Nationalsozialisten aufgrund von politischen oder weltanschaulichen Gründen ein Dorn im Auge waren.
Allein die Namen der Orte, an denen Pilawski die KZ-Haft durchlebte, machen das unvorstellbare Leiden des Mannes offenkundig. Nach zwei Jahren in Auschwitz kam er im April 1943 in das Konzentrationslager Flossenbürg, wo er „unter schweren Qualen“ im Steinbruch schuften musste. Von dort ging der Zug im Juli 1943 nach Dachau. Nach kurzer Zeit im Hauptlager wurde er in das Außenlager Pfersee gebracht, wo die Häftlinge für die Rüstungsproduktion der Flugzeugfabrik Messerschmitt eingesetzt waren.
Im August 1944 wurde Pilawski in das Außenlager Bäumenheim versetzt. Er schildert die letzten Wochen der Haft wie folgt: „Dort erlebte ich schwere Bombardierung am 19. März 1945, mittags. Wie durch ein Wunder bin ich damals am Leben geblieben. Nach der Bombardierung in Bäumenheim sind wir in einer Kolonne nach Dachau marschiert. Kurz vor Fürstenfeldbruck bin ich von der Kolonne geflohen und durch Wälder, Felder nach zwei Nächten in eine Ortschaft gekommen. Endlich war ich in Freiheit: Nach so vielen Jahren Leiden, Hunger und Folterungen begann wieder ein neues Leben.“
Als der Krieg ein Ende nahm, blieb Josef Pilawski in Bayern. Ursprüngliche Auswanderungspläne nach Australien zerschlugen sich, in das kommunistische Polen wollte er nicht zurückkehren. Zunächst lebte er in Pfaffenhofen bei Jesenwang (Lkr. Fürstenfeldbruck) als Händler, 1954 heiratete er und ließ sich mit seiner Frau Gertrud in Ingolstadt nieder. Nach 41 Jahren besuchte er 1986 noch einmal unsere Gemeinde und hinterließ dort seine bis heute bei den Heimatfreunden verwahrte Häftlingskleidung. „Nach so vielen Jahren Leiden habe ich keine Wiedergutmachung erhalten“, resümiert Josef Pilawski seine Rückblende. Doch mit seinem Engagement für die Erinnerungskultur in Bäumenheim hat sich Pilawski ein bleibendes Denkmal gesetzt.
Franz Schinnerl (1910-1945)
Häftling des KZ-Außenlagers Bäumenheim
Am Julius-Raab-Platz im Salzburger Stadtteil Neustadt prallen historische Bauweise und jüngere Architektur aufeinander. Während manche Häuser noch der Charme der Jahrhundertwende umweht, ist das Gebäude des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer eine Neuanlage. Nichts erinnert daran, dass das "Parkhotel Nelböck" in einem schicken Gründerzeitbau mit palmenumsäumter Gartenanlage bis in die 50er Jahre hier seine Gäste beherbergte. Um 1940 führten Franz und Romana Schinnerl das Haus. Der Sohn Franz, am 14. September 1910 in Salzburg geboren, stieg als Angestellter ebenfalls ins Hotelgewerbe ein. Er war einer von tausenden Männern, die aufgrund ihrer Homosexualität von den Nationalsozialisten ausgegrenzt und verfolgt wurden. Nach vermutlicher Denunziation und Verhaftung im Oktober 1941 wurde Schinnerl zu einer einjährigen Kerkerstrafe veruteilt und nach der Haftzeit am 23. November 1942 in das Konzentrationslager Dachau überführt. Von dort kam er im November 1944 in das Außenlager Bäumenheim. Beim schweren Fliegerangriff am 19. März 1945 wurde Schinnerl verschüttet, konnte sich aber aus den Trümmern befreien und überlebte.
Nach der Kapitulation, als Dachau und seine Außenlager schon befreit waren, starben noch immer täglich ehemalige Häftlinge an den Folgen der jahrelangen Strapazen und um sich greifenden Infektionskrankheiten wie Typhus und Fleckfieber. Über das Hauptlager war noch über Wochen eine Quarantäne zur Seucheneindämmung verfügt. Am 9. Mai 1945, nur wenige Tage nach der Befreiung, starb auch Franz Schinnerl in Dachau.
Am 22. März 2012 wurde auf Initiative des Salzburger »Personenkomitee Stolpersteine« an der Stelle des vormaligen Hotels der Familie Schinnerl, letzter Wohnort Franz Schinnerls, ein Stolperstein verlegt und von Gert Kerschbaumer eine Kurzbiografie zu Schinnerls Leben erstellt. Insgesamt wurden in Salzburg bereits 477 Stolpersteine für die Opfer der NS-Herrschaft verlegt [Stand Juni 2022].